E-Commerce – Der elektronische Handel ist ein Wachstumsmarkt

10.07.2013 | e-Business

Immer mehr Menschen kaufen im Internet ein – letzthin vor allem auch mobil über Smartphones und Tablets. Für Unternehmen, auch für kleinere Unternehmen, birgt dieser wachsende Vertriebszweig Chancen, sowohl im B2C- als auch im B2B-Geschäft.

Bozen – Nach wie vor scheuen die meisten Südtiroler Unternehmen davor zurück, sich ernsthaft eine Investition in den Online-Handel zu überlegen. Zu kostspielig und zu risikoreich, sagen sie. Nicht zuletzt liegt diese Zurückhaltung daran, dass die heimischen Unternehmen tendenziell klein und inhabergeführt sind. In solchen Unternehmen ist die Bereitschaft für Innovationen im Vertrieb zwangsläufig unterdurchschnittlich ausgeprägt. So kommt es, dass der Wettbewerb im Online-Handel noch bescheiden ausfällt (und das gilt nicht nur für Südtirol), obwohl großes Potential an kaufbereiten Konsumenten gegeben wäre.

In Italien hinkt die E-Commerce-Branche nach wie vor hinter dem europäischen Durchschnitt hinterher. Nichtsdestotrotz muss beachtet werden, dass die Branche im vergangenen Jahr wieder zweistellig wuchs, und zwar um zwölf Prozent auf 21,2 Milliarden Euro. Das entspricht übrigens immerhin etwa zehn Prozent des gesamteuropäischen Online-Marktes. Die Zahl ist unbedingt durch die Brille der schwierigen wirtschaftlichen Lage zu lesen. Beeindruckender wirkt der Blick auf das gesamte vergangene Jahrzehnt: 2004 betrug der Umsatz des italienischen Online-Handels 1,6 Milliarden Euro, daraufhin verzeichnete die Branche Jahr für Jahr hohe Wachstumsraten zwischen 30 und 58 Prozent („e-commerce Italy Report“, Casaleggio).

Angesichts einer solchen Marktdynamik war es eine logische Folge, dass der börsennotierte Gigant Amazon.com am im November 2010 eine eigene Online-Niederlassung in Italien eröffnete. Nach Kanada, China, Japan, Großbritannien, Deutschland und Frankreich war dies die siebte Niederlassung des Weltkonzerns und für Brancheninsider das untrügliche Zeichen, das der italienische Online-Markt erwachsen worden ist.

Der Trend ist klar: Für einen wachsenden Teil der Bevölkerung wird der Umgang mit den neuen Medien ein selbstverständlicher Teil ihres Lebens, was letztlich auch in mehr Vertrauen beim Online-Kauf mündet. Auch Unternehmen entdecken den Online-Vertrieb zunehmend als Chance: um Produkte auf dem globalen Markt anzubieten, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und um neue Kunden und Märkte zu gewinnen. Investitionen in E-Commerce tragen bereits heute zum Bruttosozialprodukt bei, und sie stärken die Präsenz des „Made in Italy“ oder „Made in Südtirol“ auf den internationalen Märkten. Man denke nur daran, welche Chancen in der direkten Erschließung neuer Märkte für die Lebensmittel- und Tourismusbranche stecken.

Unter den großen Trends sticht – wenig verwunderlich – die mobile Nutzung hervor. Parallel zur Marktdurchdringung durch Smartphones und Tablets ist ein Anstieg von Käufen zu beobachten, die der Kunde von mobilen Endgeräten aus vornimmt. Vorreiter Großbritannien erreicht in diesem Segment bereits 20 Prozent des Gesamtumsatzes im Online-Handel. Auch Ingo Perkmann, Leitung e-Commerce bei der Sportler AG, berichtet von einem sprunghaften Anstieg der mobilen Nutzung: „Aus dem Nichts verzeichneten wir 2012 Umsätze aus dem mobilen Bereich von über sieben Prozent und beobachten inzwischen eine Steigerung auf zwölf Prozent.“ Hochrechnungen gehen davon aus, dass mit mobilen Geräten innerhalb 2015 bereits 50 Prozent der europäischen Bevölkerung online Waren und Dienstleistungen erwerben wird.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich für Unternehmen, die Chancen im Online-Handel zu prüfen. Das gilt nicht nur für Unternehmen, die an Endkonsumenten verkaufen (B2C), sondern auch für die Geschäfte zwischen Unternehmen (B2B). Den Kunden wird die Möglichkeit geboten, die Produkte einfach per Internet zu bestellen.

Welche sind die wichtigsten Voraussetzungen, um im Wettbewerb bestehen zu können? Ganz oben steht aus unserer Sicht ein funktionierender Multi-Channel-Ansatz, sprich die Fähigkeit, die Kunden (und jene, die es noch werden könnten) über verschiedene Kanäle zu erreichen – auch offline. Im digitalen Umfeld kann das bedeuten, dass auch die Nutzbarkeit mit mobilen Endgeräten sicherzustellen und eine starke Präsenz in den sozialen Netzwerken aufzubauen ist.

Von Bedeutung ist auch das „dynamic pricing“, also die Fähigkeit, die Preise in kürzester Zeit aufgrund unterschiedlicher Impulse anzupassen, zum Beispiel aufgrund von Preisvorgaben der Konkurrenten, Rabattstrategien, Saisonsabverkäufen oder Versandkostenrabatten. Profis sind in der Lage, die Preise tausender Produkte mehrfach am Tag anzupassen. Hersteller von „recommendation engines“, also von Softwaretools zur automatischen Berechnung von zu empfehlenden Produkten oder Preisanpassungen, beschäftigen neben Programmierern Hunderte von Mathematikern. Diese arbeiten an Hochleistungsalgorithmen, um eine immer genauere Echtzeitprofilierung der potentiellen Käufer vornehmen zu können: Jeder von uns kann täglich erleben, wie diese Echtzeitprofilierung den Unterschied zwischen einem Besuch und einem echten Verkauf ausmacht.

Weder fokussiertes Marketing noch fortschrittliche Software reichen alleine aus, wenn die dahinterliegende „traditionelle“ Logistik den Herausforderungen nicht gewachsen ist: An Lagerbewirtschaftung und Transportlogistik stellen die Kunden – egal ob Konsument oder Unternehmen – nämlich hohe Anforderungen in Sachen Flexibilität und Qualität. Der Kunde muss beim Einkauf im Internet auf die unmittelbare Gratifikation verzichten, das Produkt in der Hand zu halten. Geradezu überlebensnotwendig ist darum die strikte Einhaltung kurzfristiger Liefertermine und die Fähigkeit, den Kunden über jeden Schritt seiner Bestellung (Kommissionierung, Verpackung, Versand) mit E-Mail oder SMS zu informieren.

Alles in allem keine leichte Fingerübung für kleine und mittelständische Unternehmer, die im großen Teich fischen möchten. Mit weltweit über tausend Milliarden US-Dollar Marktvolumen kann sich die Mühe aber durchaus auszahlen.

Der Autor: Dipl.-Inform. Univ. Christoph Moar ist Senior Partner e-commerce beim Bozner IT-Unternehmen “alpin – software consulting & strategy”

 

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